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Autoren A-F / A / Klaus Ahlheim

Ahlheim, Klaus: Erinnern und Aufklären - Interventionen zur historisch-politischen Bildung

  • Der vorliegende Band versammelt engagierte Beiträge, die das »Umfeld« historisch-politischer Bildung, ihre politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen kritisch beleuchten. Sie beschreiben zugleich didaktische Erkenntnisse und Erfahrungen, die vor allem aus der pädagogischen Arbeit in und mit Gedenkstätten gewonnen und festgehalten werden konnten. Klaus Ahlheim betont die Notwendigkeit des Erinnerns und Aufklärens am Beispiel der nationalsozialistischen Vergangenheit, in der Überzeugung, dass NS-Verbrechen und Holocaust noch immer das wichtigste Thema historisch-politischer Bildung sind.

    Inhalt:
    Gedenkboom und Abnutzungsroutine

    »Wer nichts weiß, muß alles glauben«. Anmerkungen zur Didaktik historischpolitischer Jugendbildung

    Wissen und Empathie in der historischpolitischen Bildung

    Zukunft ohne Vergangenheit?

    Über Schlussstrichmentalität und ihre Nebenwirkungen

    Martin Walser und der Schlussstrich

    Der Fall Dietrich von Oppen und die Dortmunder »Waschanlage«

    Hitlers willige Vollstrecker? Vom Vorurteil zum Judenmord

    »Erziehung nach Auschwitz« oder Die Idee der pädagogischen Aufklärung in der Krise?

    Kritische Beiträge zur Bildungswissenschaft, Band 1 Hrsg. von Klaus Ahlheim



    Rezension aus Praxis Politische Bildung Jg. 14- Heft 04/2010 (PDF 0,7 MB)

    Rezension von Johannes Schillo aus Erwachsenen Bildung - 4/2009 (PDF 1,2 MB)

    REZENSION von Ulrich Klemm:

    Mitteilungen, Heft 52/Juli 2010, hrsg. vom Dokumentationszentrum KZ Oberer Kuhberg Ulm e.V.

    Der emeritierte Professor Klaus Ahlheim zählt gegenwärtig zu den profiliertesten Erwachsenenpädagogen der Bundesrepublik. Seine zahlreichen hermeneutischen und empirischen Studien zu Themen wie Fremdenfeindlichkeit, Vorurteile, Rechtsextremismus und Gedenkstättenarbeit wurden zu Standardwerken und Basisliteratur für die pädagogische und politische Arbeit. In seinem jüngsten Band vereint er acht Aufsätze und Vorträge aus den letzten Jahren und bündelt sie im Horizont einer historisch-politischen Bildung an Gedenkstätten. Die Aufarbeitung und das Erinnern an die nationalsozialistische Vergangenheit ist für ihn als Pädagogen und Staatsbürger das wichtigste Thema historisch-politischer Bildung. Mit dieser Position, die er seit Jahrzehnten wortgewaltig vertritt und auch immer wieder empirisch belegt, hat er nicht nur Freunde in der Zunft der Erziehungswissenschaft.

    Ahlheim wendet sich gegen den Trend und Mainstream, dass die nationalsozialistische Vergangenheitsbewältigung beendet sei bzw. werden müsse und man sich wichtigeren Gegenwartsfragen zu stellen habe. Vor einigen Jahren führte dies zu einem breiten Diskurs über die Bedeutung der politischen Bildung im Kontext der konstruktivistischen Modernisierung der Erwachsenenbildung. Die hier versammelten Beiträge verdeutlichen dieses Dilemma am Beispiel der Gedenkstättenarbeit aus unterschiedlichen Perspektiven. Seine Grundthese, von der aus er pädagogische und politische Signale und Impulse diskutiert, lautet: „Gedenkstätten ermöglichen Lernprozesse, in denen sich Empathie, Erkenntnis und Wissenserwerb verbinden“ (S. 14). Unverkennbar wird dabei seine Nähe zur Kritischen Theorie von Horkheimer, Adorno, Marcuse u. a.

    Immer wieder erinnert er an Adornos berühmt gewordenen Rundfunkvortrag vom 18. April 1966 im Hessischen Rundfunk mit dem Titel „Erziehung nach Auschwitz“ (publiziert in Th. W. Adorno: Erziehung zur Mündigkeit. Frankfurt 1971, S. 92-109): „Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, dass ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen. Ich kann nicht verstehen, dass man mit ihr bis heute so wenig sich abgegeben hat. Sie zu begründen hätte etwas Ungeheuerliches angesichts des Ungeheuerlichen, das sich zutrug“.

    In dieser Tradition versteht sich Ahlheim in seiner politischen Bildungs- und Gedenkstättenarbeit und greift dabei unterschiedliche Aspekte auf: - Das wichtige Thema der Empathie und Emotionalität in Bildungsprozessen ist das Thema eines Beitrags. Methodisch-didaktische Fragen werden in einen bildungs- und gesellschaftspolitischen Kontext gestellt und sozialpsychologisch gedeutet. Die zunehmende Unfähigkeit zur Identifikation und zur Empathie sowie die Neigung zum Wegsehen, oder, wie Ahlheim es formuliert, zum „aktiven Weghören“ (S. 47), erschwert die Gedenkstättenarbeit bzw. werden zu ihrer zentralen pädagogischen Herausforderung. - Die „Schlussstrich-Mentalität“ wird statistisch belegt und es wird dargestellt, dass weit über 60 % der deutschen Bevölkerung „endlich einen Schlussstrich unter die Nazi-Vergangenheit ziehen“ (S. 71) wollen. Er stellt Zusammenhänge zwischen der Schlussstrich-Mentalität und Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus her und erörtert die unglückliche Walser-Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an ihn im Oktober 1998. Ahlheim zeigt, dass das Schlussstrich-Denken in der Mitte der Bevölkerung angekommen und mehrheitsfähig geworden ist.

    - Das Thema Verdrängung und Verleugnung im Wissenschaftsbereich wird am Beispiel des Volkstumsforschers, Soziologen und Sozialethikers Dietrich von Oppen (1912-2006) dargestellt, dem nach 1945 nicht nur erneut eine Professorenkarriere gelang, sondern der auch höchste gesellschaftliche Anerkennung erreichte. - Als ein weiteres Lehrstück für „Erinnern und Aufklären“ nennt Ahlheim die Goldhagen-Debatte im Anschluss an sein Buch von 1996, Hitlers willige Vollstrecker. Der Band, der ausschließlich bereits veröffentlichte Beiträge bzw. gehaltene Vorträge enthält, bringt, wenn man Ahlheim kennt, Bekanntes. Er bietet Argumente gegen Stammtischparolen und macht Mut, diesen zu widersprechen. Er wendet sich gegen die nahezu allgegenwärtige Absage an die Erinnerungskultur und plädiert politisch und pädagogisch klug für die Bedeutung der Gedenkstättenarbeit. REZENSIONEN:

    Ahlheim pp. in: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. 62. Jg. Nr. 239, März 2011, S. 43-44.
     

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